(Hier folgen die ungekürzten Fassungen der Laudationes und Danksagungen, die in Übersetzen Heft 1/2024 in gekürzter Version abgedruckt sind)
Von Herzenssachen, Zimmern und dem Palast Pasolini.
Laudatio für Theresia Prammer zum Paul Scheerbart-Preis für Lyrik-Übersetzung der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung am 20. Oktober 2023
https://www.logbuch-suhrkamp.de/maren-jaeger/von-herzenssachen-zimmern-und-dem-palast-pasolini/
In einem poetischen Essay „Zum Thema Nachdichten. Eine erste Niederschrift nach dreissig Jahren“[1] beschreibt die Dichterin und Übersetzerin Elke Erb die Annäherung an ein Gedicht, das es noch einmal in anderen Worten zu schreiben gilt.
„Ich werde die fremde Sprache in dem Gedicht verstanden haben und weit in seine und meine eigene hineingegangen sein, wenn ich es in meiner Sprache gelöst haben werde.“[2]
Dieses Essaygedicht steht in der Mitte von Theresia Prammers Dissertation Übersetzen. Überschreiben. Einverleiben. Verlaufsformen poetischer Rede (Wien: Klever 2009), die das Phänomen der Autor·inn·enübersetzung kartiert. Es umkreist die initiale Unsicherheit im Angesicht des Vortexts, die Grund-Losigkeit, das Ausgangs-Nichts – und die Bewegungsfreiheit, das Hochgefühl der Übersetzerin; aber auch: den Hader, Tinnef, Pfusch, die Plackerei, Schinderei, Sklaverei:
„Steinbrucharbeit ist es,
einem Gedicht die eigene Sprache zu öffnen.“[3]
Der Steinbruch der Sprachen ist nur ein Arbeitsplatz der Preisträgerin, ist doch bekanntlich „[j]ede Übersetzung [] eine unbestimmte, unendliche Aufgabe.“[4] Aber – so schreibt Theresia Prammer – sie muss gemacht werden: „weil Texte immer wieder berührt bzw. auf realen und imaginären Bühnen aufgeführt werden müssen, neuer Verkörperungen bedürfen.“[5]
Dieser Satz ist, so denke ich, Credo und Handlungsmaxime für Theresia Prammer, die Gedichte immer wieder berührt und ihnen Bühnen bereitet, imaginäre wie reale, die Aufführungen kuratiert und inszeniert, die neue Verkörperungen ermöglichen.
Die „Übersetzerin als Resonanzraum“, so liest sie die Annäherungen Elke Erbs. Und sie weiß: „Ein Gedicht zu übersetzen, heißt auch, es vorübergehend zu bewohnen“.[6] Ein markantes Bild, in dem sich Leben, Literaturvermittlung und Sprachen begegnen – nicht nur, wenn Theresia Prammer über ihre Arbeit schreibt: Gedichte als Bühnen, Häuser, Räume: Mit Bachtin ist „das Übergehen von der einen in die andere“ Sprache „wie der Gang von einem Zimmer ins andere“.[7]
Ich will kurz über Räume sprechen – und über Herzenssachen. Denn Theresia Prammer ist Übersetzerin, Mittlerin im umfassendsten und emphatischen Sinne des Wortes; sie öffnet Räume, baut Häuser, bahnt Wege. Wir müssen uns Theresia als eine Architektin vorstellen – oder als: eine Raumakustikerin: Sie trägt Sorge dafür, dass die italienische Lyrik auch im deutschsprachigen Raum Gehör und Widerhall findet, mit ihren Übersetzungen von Pasolini, aber auch von Montale, Zanzotto, Amelia Rosselli[8] und vielen anderen.
Mit ihrer Online-Anthologie „italo.log“ baute sie eine Basisbibliothek der modernen italienischen Lyrik in 111 Folgen;[9] aber sie öffnet die Türen auch in die andere Richtung: 2011 trug sie mit der Lyrik-Anthologie „Ricostruzioni. Nuovi poeti di Berlino“ die deutschsprachige Gegenwartslyrik nach Italien.[10]
Konkrete Bühnen schuf sie als Kuratorin der Kulturtage Lana in vielen vergangenen Jahren eines gleichsam monumentalen Festivals Lectura Dantis in 33 Gesängen in Berlin 2021.[11]
Konkrete Räume: als Salonniere, in einem von ihr 2013 in Berlin eingerichteten Salon Attico – einem Gesprächsraum mit Denkweite für die Begegnung von und mit internationalen Dichterinnen und Dichtern. Motto: „Eine solche Begegnung folgt keinem festgelegten Parcours. Lieber bringt sie etwas in Gange, indem sie es in den Raum stellt, einen Raum dafür bereithält.“
Und wenn sie das öffentliche Lesen „eingeräumtes Sprechen“ nennt, dann weiß sie genau, was sie sagt – und was sie tut: Die Bühne bereiten. Sie ist übrigens auch eine brillante Laudatorin; da können Farhad Showghi, Steffen Popp oder Monika Rinck von Glück reden.[12] Imaginäre Räume öffnen ihre philologischen Arbeiten und Essays, in denen Übersetzung, Übersetzungsreflexion, Übersetzungskritik und Kritik der Übersetzungskritik ineinandergreifen; sie werden erweitert zu einer philologisch-hermeneutischen Theorie in und aus der Gedichtübersetzung – besonders dort, wo man sich dem Unverständlichem annähert, wie es auch im Herzen ihrer Zanzotto-Studie Lesarten der Sprache um das Verstehen geht,[13] und darum, dass „die Grenzen des Verstehens nicht notwendig die Grenzen des Übersetzens sein müssen.“[14]
Imaginäre Räume öffnen ihre Essays durch die „paratextuelle Präsenz“[15] der Übersetzerin. Die Anmerkungen in Nach meinem Tod zu veröffentlichen sind Essays en miniature, dazu das rasante Nachwort, das das Buch beschließt: Wie kenntnisreich, emphatisch und virtuos sie – allein schon durch die subliminale Tempus-Choreographie – durch Pasolinis Leben führt: das beweist einmal mehr, wie sehr das Übersetzen eine Schule des Stils ist, für „Sprach-Gefühl“.[16]
Ihre literaturgeschichtliche Ausbildung hat Theresia Prammer nie verleugnet. Sie vermag Pasolini in den Kreis zeitgenössischer Dichter zu stellen, in den Gedichten die Echos der Tradition zu vernehmen und hörbar zu machen – etwa Dante in Pasolinis Trasumanar.
Ihr Wissen um poetische Formen wie die Terzine oder das Epigramm ist der Nährboden für die intime Kenntnis der Werkstatt das späten Pasolini, einem „Reigen der künstlerischen Ausdrucksweisen“,[17] für die drei Gedichtbände La religione del mio tempo“ (1961), Poesie in forma di rosa (1964) und das wuchtige Spätwerk Trasumanar e organizzar von 1971, die in Nach meinem Tod zu veröffentlichen in Auszügen versammelt sind, dazu verstreut veröffentlichte oder aus dem Nachlass gezogene kleine Werke.
In der Tat, liebe Jury, Theresia Prammer ist „feinfühlig, akribisch, engagiert“;[18] aber sie wirft auch die Haltung, die Passion, wo nicht: Obsession in die Waagschale, die es für Pasolinis Sprengsätze braucht, für eine leidenschaftliche Übersetzungsarbeit, die mit den Buchdeckeln nicht endet: „‚Ans Herz fassen.‘ Pasolini konnte das.“[19]
Ein Essay von Theresia über Übersetzen als Beziehung trägt den bezeichnenden (von W. H. Auden geborgten) Titel: „Let the more loving one be me.“[20] Vielleicht ist Pasolini der Glutkern ihrer Hingabe für die italienische Lyrik (nicht nur) des 20. Jahrhunderts. Aber wie schwierig ist im Zustand der Hingabe die Selektion!
Weil sie findet, „alles ist von Belang in diesem ergreifenden Lebensprojekt und Projektleben“, kuratierte Theresia schon 2009 das Dossier Eine Wissenschaft vom Licht für die Zeitschrift Schreibheft; und sie zitiert darin einen Aufsatz Pasolinis aus dem Jahr 1973: „Man muss alle Menschen lieben, sich zu allen Menschen hingezogen fühlen, um sich einen Teil davon herauszugreifen und einen anderen zu verwerfen.“ Sie fährt fort: „Ähnlich ging es auch mir…“[21] So erschien unlängst das Wagenbach-Oktavheft Ein Unfall im Kosmos mit 112 bislang unveröffentlichten Sonetten, die Pasolini 1971-73 nach Ninetto Davolis Heirat niederschrieb, zornig, verzweifelt, innig.
„Meinen Realismus bezeichne ich als Liebesakt; wer nicht liebt, der versteht nicht“, schreibt Pasolini. Und wer nicht liebt, versteht vielleicht auch nicht genug, um ihm zu übersetzen. Übersetzungsliebe im Sinne Benjamins als Treue und Freiheit. Und der Gedanke, dass der Raum, den Pasolini einst in politischen, künstlerischen und intellektuellen Zirkeln inner- wie außerhalb Italiens eingenommen hatte, bis auf eine verblichene Ikone leer werden könnte, ist Theresia Prammer schwer erträglich:
Die Pasolini-Leser·innen werden weniger. Und „Pasolini fehlt“: „Was er“ – so im Schreibheft-Dossier – „zu sagen gehabt hätte über Berlusconis Schmierenkomödie, über zeitgeschichtliche Umwälzungen, über Aids, übers Internet […].“ Und die Übersetzerin weiß, dass die „Mischung aus Leidenschaft, Libido, politischem Scharfsinn und poetischem Furor, Intellektualität, Sentimentalität und Zivilcourage, Zärtlichkeit und Zähigkeit, Eitelkeit und Eifer, wie Pasolini sie verkörperte, im gegenwärtigen Europa nicht ihresgleichen hat.“[22] Aber sein Werk, so die Gewissheit, „wird lebensfähig bleiben; verwaist, verloren, was auch immer; aber lebensfähig. Kein ‚Scheiter-Haufen‘, sondern ein wunderbarer, leer stehender Palast, der noch nicht ausreichend ausgeleuchtet wurde.“[23]
Nun sind wir von den Räumen und Zimmer über das Herz beim Palast angelangt. Umso dringlicher ist das Übersetzen als „belebendes Lesen“ Pasolinis. Mit dem Suhrkamp-Band gibt Theresia Prammer ihm den Raum zurück, seine Stimme, seine (mit Zanzotto) Vibratilität, vibratilià. Sie lädt uns ein: in den Palast Pasolini – und leuchtet ihn nach Kräften für uns aus. Immer weiter, immer heller, al sole.
Erst so erfüllen sich die Worte Pasolinis: Sprechen ist Am-Leben-Bleiben: „Wer nicht spricht, der wird vergessen.“ Sprechen ist Sein: „Aber ich bin nicht tot und ich werde reden.“[24]
Herzlichen Glückwunsch zum Paul Scheerbart-Preis, liebe Theresia!
[1] So Titel und Untertitel des lang bedachten, 1990 als Vortrag im Literarischen Colloquium Berlin gehaltenen und 1994 überarbeiteten Textes. In: Elke Erb: Der wilde Forst, der tiefe Wald. Auskünfte in Prosa. Göttingen: Steidl 1995, S. 102-120.
[2] Ebd., S. 102.
[3] Ebd., S, 119.
[4] Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 16: Fragmente zur Poesie und Literatur I. Erster Teil. Hg. u. eingel. v. Hans Eichner. Paderborn u. a.: Schöningh 1981, S. 60, Nr. 18.
[5] Theresia Prammer: Übersetzen. Überschreiben. Einverleiben. Verlaufsformen poetischer Rede. Wien: Klever 2009, S. 38.
[6] Ebd., S. 190. Weiter heißt es dort: Und: „Wer selbst zu sehr anwesend (bei sich) ist, hat vielleicht nicht genug Raum, um das andere in sich hineinzulassen – sich darauf einzulassen. Die Übersetzungsbegeisterte hat jedoch diesen Raum und sie weiß ihn zu teilen, ebenso wie sie ihn, lesend und das Gelesene ausschöpfend, zu bereichern versteht.“
[7] Michail M. Bachtin: Das Wort im Roman. In: Ders.: Die Ästhetik des Wortes. Hg. v. Rainer Grübel. Aus dem Russ. v. Rainer Grübel u. Sabine Reese. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979 (edition suhrkamp; 967), S. 154-300, hier S. 187.
[8] Vgl. Theresia Prammers Übersetzungen: Späte Gedichte von Eugenio Montale, unter dem Titel „Vierjahresheft“ und den Aufsatz „Gedichte zum Inwendiglernen“. Eugenio Montales Quaderno di quattro anni in: Akzente, Heft 5, Oktober 2001; außerdem den Essay „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist keine ‚rose‘“ sowie die Übersetzungen von Amelia Rosselli im Dossier „Ergriffenes Babeln. Amelia Rosselli, Dichterin zwischen den Sprachen“ in Schreibheft 101, 2023, S. 15-85.
[9] italo.log. Wöchentliche Gedichtanthologie italienischer Gegenwartslyrik auf www.satt.org. Übersetzt von Theresia Prammer gem. m. Roberto Galaverni (Februar 2008 bis April 2010).
[10] Vgl. Ricostruzioni. Nuovi poeti di Berlino. Anthologie zeitgenössischer deutschsprachiger Lyrik in italienischer Übersetzung. Milano: Scheiwiller 2011.
[11] „Tu se‘ lo mio maestro e ‚l mio autore“. Von Dante lernen. Symposium/Festival in Mürzzuschlag/Neuberg an der Mürz (30.6. bis 3.7.2019); „Was immer am Wort ist“. Zeitgenössische Dichtung im Dialog mit Dante Alighieris Commedia (14-17.10.2021).
[12] Theresia Prammer hielt die Laudatio auf Monika Rinck zum Ernst Meister Preis 2008, die Laudationes auf Steffen Popp und Farhad Showghi zum Peter-Huchel Preis 2014 bzw. 2018.
[13] Vgl. Theresia Prammer: Lesarten der Sprache. Andrea Zanzotto in deutschen Übersetzungen. Würzburg: Königshausen & Neumann 2005.
[14] Ebd., S. 7.
[15] Theresia Prammer: „verdienstvoll“, „sauber“, „kongenial“, „gelungen“. Zur Armut der Übersetzungskritik. In: Kolik 28 (2005); online unter: https://www.kolik.at/archiv.php?ausgabeid=28&textid=115
[16] Zur behutsamen Rehabilitation dieses aus übersetzungstheoretischen Diskursen weitgehend verbannten Worts für ein (literar-)historisches Sprachbewusstsein der Übersetzung vgl. Prammer: Übersetzen. Überschreiben. Einverleiben, S. 35.
[17] Theresia Prammer: Nichts ist, was es ist. Gedanken zu einer Sammlung [Eine Wissenschaft vom Licht. Gedichte 1960-1975. Schreibheft-Dossier zu Pier Paolo Pasolini]. In: Schreibheft 73 (2009), S. 7-13, hier S. 7.
[18] Aus der Jurybegründung zum Paul Scheerbart-Preis.
[19] Prammer: Nichts ist, was es ist, S. 9.
[20] Theresia Prammer „Let the more loving one be me. Übersetzung als Beziehung. In: OderÜbersetzen. Deutsch-polnisches Übersetzungsjahrbuch – Karl Dedecius Archiv 2 (2011).
[21] Prammer: Nichts ist, was es ist, S. 12.
[22] Ebd.
[23] Ebd.
[24] Ebd., S. 10.
***
Theresia Prammer
Dankesworte
„Ich habe vieles begonnen
Doch das macht noch kein Gedicht“
Paul Scheerbart
Anstelle einer Rede hören Sie von mir nur eine Einräumung, wofür ich mir ein Zitat der amerikanischen Dichterin Rosemary Waldrop leihe, die in einem Essay schreibt:
„If the writer is nobody the translator is nobody twice, and if also lacking a publisher, approaches the cube of nothingness.“
Abgesehen davon, dass zwei Mal Niemand in der doppelten Verneinung schon wieder Jemand ergibt, hat es mir in dieser Formulierung, sofern man sie wörtlich und nicht idiomatisch liest, der „Würfel des Nichts“ angetan: Welches Lebensmodell verbindet sich damit? Hätte der „Würfel des Nichts“ das Zeug zum „Studiolo“ des Petrarca oder zum „Gehäus“ des Heiligen Hieronymus? Oder ist er schlicht eine Steigerungsstufe des altbekannten Verschwindens des Übersetzenden hinter dem Original, ein Topos also, der keiner weiteren Erläuterung bedarf?
Für welche Lesart wir uns auch entscheiden, der Tenor bleibt derselbe: Eine Ûbersetzung, die unsichtbar bleibt, weil ihr Gemachtsein im Eifer der Lektüre untergeht, ist das eine; eine Übersetzung, die nicht gelesen werden kann, weil sich kein Publikationsort dafür findet, ist das andere. Dann nämlich bleibt dem, was bereits da ist, die Rezeption vorenthalten und es entsteht eine paradoxe Situation, in der die Ausführende ihren eigenen Realitätsstatus zu hinterfragen beginnt, weil es doch allemal seltsam anmutet, wenn etwas, worin sich so viel Sprachwirklichkeit, so viel Lebenszeit materialisiert, auf dem Papier nicht existieren soll.
Ich spreche dieses Thema an, weil ich aus eigener Erfahrung berichten kann, wie sehr diese beiden Phänomene, die dankenswerte Anerkennung und der „cube of nothingness“ mitunter Hand in Hand gehen: Übersetzungen italienischer Poesie des vergangenen Jahrhunderts in einem deutschsprachigen Verlag sinnvoll zu platzieren, erfordert ziemlich viel Mühe und Überredungskunst, und das selbst in einer Zeit, wo die Verlage geradezu mit den Füßen stampfen, um ihr Italienprogramm unter Dach und Fach zu bringen.
Warum ist das so? Sind die Räume für die Lyrik der klassischen Moderne wirklich so geschrumpft? Oder ist eher die Fähigkeit abhandengekommen, die „Poesie der Tradition“, von Pasolini so hingebungsvoll besungen, jenseits von Aktualitätsbehauptungen in ihrer Eigenart und ihrer Eigenzeit zu erfassen?
„Gegenwart, wann war das?“, mõchte man hier mit Thomas Brasch kontern, der so bewandert darin war, die „Stoffe von gestern“ in eine „Form von heute“ zu gießen. Oder mit Heiner Müller auf die utopische Kraft der Kunst verweisen, „als Mittel, die Wirklichkeit unmöglich zu machen.“ Literatur reagiert nicht allein auf Gegenwart, sie erzeugt und verwandelt sie.
Aus dieser hehren und dialektisch gewendeten Perspektive hätte sie natürlich wieder etwas für sich, so eine „Nothingness“ zum Quadrat, ja wãre vielleicht sogar eine Ehre. Erinnert sie uns doch einmal mehr daran, dass wir alle „Nobodies“ sind, lauter Niemands, verhinderte Hofnarren und so weiter – was auch Freiheiten bereithält oder Unabhängigkeit erhält. Abgesehen davon, dass auf dem sogenannten Büchermarkt ein Name natürlich vor allem eine Marke ist, symbolisches Kapital, und hiermit können ÜbersetzerInnen bekanntlich am wenigsten punkten.
Das vorausgeschickt, möchte ich auf den festlichen Teil nicht vergessen und noch einmal mit Nachdruck darauf verweisen, was für ein unerhörtes Glück es war, dass das Pasolini-Unternehmen, von dem Maren vorhin so großzügig sprach, nicht der Nothingness anheimfiel oder ihr rechtzeitig entrissen werden konnte.
Dafür danke ich dem Suhrkamp-Verlag (was für ein Konglomerat von Menschen und Energien verbirgt sich dahinter? wieder diese „besitzergreifenden Ungenauigkeiten“, würde Ilse Aichinger sagen, aber zumindest der Name von Sabine Erbrich sei genannt), der dieses Buch gemacht, hergestellt, aber zuvor noch „gesehen“ hat. Ich danke ferner dem Wagenbach Verlag und Linus Guggenberger für seinen Einsatz rund um „Ein Unfall im Kosmos“, gerade erschienen – weil Wertschätzung bekanntlich vor allem dann auf fruchtbaren Boden fällt, wenn sie die Möglichkeit einschließt, etwas zu verwirklichen, also möglich zu machen. Und vor allem danke ich Ihnen, lieber Sebastian Ritscher, liebe Mitglieder der Heinrich Maria Ledig Rowohlt-Stiftung für die Wachheit von Leserinnen und die Zuerkennung dieses Preises.
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Verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Gerhard, ich gratuliere Dir sehr herzlich zum Jane-Scatcherd-Preis 2023!
Die hohe Kunst des Übersetzens hat in Dir einen ihrer heraus-ragenden Vertreter. Deshalb ist es an der Zeit, Dir zu danken – im Namen der Leser, der Verleger und im Namen der Sprache. Denn sie – die Sprache – wäre es zuallererst, die zu leiden hätte, würdest Du weniger sorgsam und verständig mit ihr umgehen.
Der 4. Mai 1920 war ein Glückstag für Franz Kafka. Erwartungsfroh schlug er die literarische Wochenschrift Kmen auf. Was ihn darin erwartete, war die erste Übersetzung einer seiner Prosastücke überhaupt – die des Erzählfragments Der Heizer ins Tschechische.
Es muss ein bewegender Moment für Kafka gewesen sein, der Tschechisch konnte, allerdings nicht gut genug, um sich in dieser halben Muttersprache auch literarisch ausdrücken zu können. Jedenfalls schrieb er der Übersetzerin von Topič – Milena Jesenská, verheiratete Pollack – die folgenden Zeilen (zu diesem Zeitpunkt war man noch beim Sie):
«… es ist mir unbegreiflich, dass Sie diese große Mühe auf sich genommen haben, und tief rührend, mit welcher Treue Sie es getan haben, Sätzchen auf und ab, einer Treue, deren Möglichkeit und schöne natürliche Berechtigung, mit der Sie sie üben, ich in der tschechischen Sprache nicht vermutet habe. So nahe deutsch und tschechisch?»
Tage später, am 19. Mai 1920, legt Kafka noch einmal nach:
«Die wie selbstverständliche Wahrheit der Übersetzung ist mir, wenn ich das Selbstverständliche von mir abschüttle, immer wieder erstaunlich, kaum ein Missverständnis, das wäre ja noch gar nicht so viel, aber immer kräftiges und entschlossenes Verstehn.»
Immer kräftiges und entschlossenes Verstehn – was für ein schönes Lob, das der Dichter seiner Übersetzerin hier spendet, vielleicht das höchste, das es aus dem Munde des Dichters zu spenden gibt.
Die selbstverständliche Wahrheit der Übersetzung in den Dienst der selbstverständlichen Wahrheit des Originals zu stellen ist das höchste Ziel jener Kunst, in der es Milena Jesenská offenkundig ebenso zur Meisterschaft gebracht hat wie Gerhard Meier.
Man muss wissen, Kafka war kein Sprachzweifler, ihm zerfielen die abstrakten Worte nicht wie modrige Pilze im Mund. Schon viele Jahre vor seinem Übersetzungslob hatte er Felice Bauer anvertraut:
«Ich bin nicht der Meinung, dass einem jemals die Kraft fehlen kann, das, was man sagen oder schreiben will, auch vollkommen auszudrücken. Hinweise auf die Schwäche der Sprache und Vergleiche zwischen der Begrenztheit der Worte und der Unendlichkeit des Gefühls sind ganz verfehlt. Das unendliche Gefühl bleibt in den Worten genau so unendlich, wie es im Herzen war. Das, was im Innern klar ist, wird es auch unweigerlich in Worten. Deshalb muss man niemals um die Sprache Sorge haben, aber im Anblick der Worte oft Sorge um sich selbst.» (Brief 18./19.2.1913, Felice Bauer)
Nein, es muss einem nicht bange sein um die Sprache, solange es Dichter gibt, die sich der Vollkommenheit des Ausdrucks widmen. Und solange es Nachdichter und Übersetzer wie Gerhard Meier gibt, die diese dichterische Vollkommenheit durch «immer kräftiges und entschlossenes Verstehen» in andere Sprachen und Vorstellungswelten überführen.
Neben der von der Jury zurecht gelobten «stilistischen Eleganz» von Gerhard Meiers Übersetzungen aus dem Türkischen und Französischen, seinem «kreativen Umgang mit der Sprache, die die Besonderheiten des Originals auch im Deutschen leuchten lassen», zeichnet sie auch das Vertrauen in die selbstverständliche Zulänglichkeit der deutschen Sprache aus.
Würde ich hier aufzählen, welche Autoren er ins Deutsche über-setzt hat, wären die fünf Minuten, die mir zur Verfügung stehen, rasch vorbei. Ich beschränke mich auf einige wenige:
Aus dem Türkischen Orhan Pamuk , Ahmet Hamdi Tanpınar, Zülfü Livaneli, Yaşar Kemal, Sait Faik, Selahattin Demirtaş, Aslı Erdoğan, Elif Şafak und Defne Suman.
Aus dem Französischen Amin Maalouf, Xavier-Marie Bonnot, Jules Verne, Georges Simenon, Yvan Goll und Moussa Abadi.
Aus dem Englischen Walter Tevis.
Das deutschsprachige Feuilleton hat in den Besprechungen der genannten Autoren gewohnt prägnant auf die Verdienste von Gerhard Meier hingewiesen. Dies ist nicht selbstverständlich, denn so viele des Türkischen mächtige Rezensenten haben wir ja nicht (noch nicht).
Der taz-Rezensent hebt an Murathan Mungans Novelle «Tschador» die hohe sprachliche Eleganz hervor, die dank einer «hervorragenden» Übersetzung von Gerhard Meier auch für die Leser des deutschen Textes spürbar werde. Und die ZEIT-Rezensentin ist voll des Lobes, wie die Übersetzung Mungans «betörender Mondstaub-Prosa» gerecht wird. Diese klinge in Gerhard Meiers Deutsch «leer geräumt und apokalyptisch» – somit für das Rezensentinnenohr ganz nach Camus.
Auf SWR Kultur ist der Kritiker sehr einverstanden mit der «klaren und eingängigen Übersetzung» von Orhan Pamuks «Die rothaarige Frau». der Süddeutsche Zeitung rühmt der rezensierende Dichter die Übersetzung der «Geschichten aus Istanbul» von Sait Faik als «geschmeidig». Und der FAZ-Kritiker fällt am Kurzprosaband «Morgengrauen» von Selahattin Demirtaş die glänzende Übersetzung von Gerhard Meier auf.
Es hat sich herumgesprochen: Wer den Formwillen eines Romans, einer Erzählung, eines Gedichts lobt, der meint neben der sprachschöpferischen Leistung des Autors auch die sprachmimetische, oft eigenschöpferische Leistung des Übersetzers. Letzteren zu nennen und damit sichtbar zu machen ist würdig und recht.
Sichtbar machen will herausragende Übersetzerinnen und Übersetzer ins Deutsche auch dieser besondere Abend. Lieber Gerhard, sei dessen freundlichst versichert: Wir sehen Dich!
Horst Lauinger
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Im Jacobsland
Laudatio auf Stefanie Jacobs
anlässlich der Verleihung des Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preises
Frankfurt, 20. Oktober 2023
Ulrich Blumenbach
Liebe Stefanie,
liebe Jury des Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preises,
meine sehr verehrten Damen und Herren.
Kennengelernt habe ich Stefanie 2005 im Workshop für den Studiengang Literarisches Übersetzen der Uni Düsseldorf. Nach der Vorbereitung hatte ich mir ein Sprüchlein zurechtgelegt: „Liebe Stefanie, Dir kann ich nichts mehr beibringen. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder fährst Du nach Hause, oder wir wechseln die Plätze, und Du übernimmst die Workshop-Leitung“. Ich konnte das Sprüchlein nicht aufsagen, denn noch vor Seminarbeginn fuhr Stefanie mit einer schweren Grippe tatsächlich nach Hause. Ich fand es ein bisschen doof vom Schicksal, mich so beim Wort zu nehmen, was das Schicksal, das ja selten auf der faulen Haut liegt, damit konterte, auch den zweiten Teil des Sprüchleins wahr werden zu lassen: Ein Jahr später saß Stefanie wieder im Workshop und hatte inzwischen ihre erste Buchübersetzung vorgelegt, Benjamin Kunkels Roman Unentschlossen, die so grandios war, dass wir sie ins Programm aufnahmen und Stefanie die Sitzung dazu leitete.
Von da an ging’s bergauf. Heute leitet Stefanie Seminare für Übersetzerïnnen, bekleidet eine Gastdozentur und nimmt zur praktischen Nachwuchsförderung immer wieder Berufsanfängerinnen unter ihre Fittiche. Die Jury begründet ihre Auszeichnung vor allem mit ihren Übersetzungen von Lisa Halliday, Ben Marcus, K-Ming Chang und Lauren Groff. Bei allen diesen Büchern atme ich nach ein paar Seiten auf, weil die ersten Wörter auftauchen, die klarmachen: Ich bin im Jacobsland. Jetzt kann nichts mehr passieren. Alles ist gut. Es sind Wörter, die Wirklichkeiten auf Begriffe bringen, auf die sie noch nie gebracht wurden und deren Kombinationen zur Weltbeschreibung auch in unseren besten Lexika nicht vorgesehen sind. Da wird in K-Ming Changs Bestiarium ein Haus mit „fermentiertem Sonnenlicht“ geflutet, und es riecht nach „schweißmarinierte[n] Kinderzehen“. Da wird in Lisa Hallidays Asymmetrie ein Naturgesetz in ein einziges neologistisches Verb verdichtet: „Ein Feuerwehrauto dopplerte gen Norden.“ Da ist in einer Erzählung in Ben Marcus’ Nachrichten aus dem Nebel, die Stefanie zusammen mit Jan Schönherr übersetzt hat, von einer „Heititei-Vorschulfarm“ die Rede, und ein Mann berührt eine Frau „an mehreren berührungsunterversorgten Stellen“. Stefanies bisheriger Mount Everest ist für mich Lauren Groffs Licht und Zorn. Aus dieser Pralinenprosa noch einzelne Lieblingsformulierungen herauszupicken, ist unnötig, weil Stefanie eine schier unglaubliche Palette an Textsorten und Stilregistern abdeckt: Rollenprosa von Katzen und Hunden, Dramendialoge, Wortspiele, Prosagedichte und Umgangssprache bis hin zu Witzen. Apropos: Kennen Sie den schon: „Fliegt eine Eule übers Meer. Taucht ein Wal auf und sagt: Kuckuck. Sagt die Eule: Hi.“ Das ist nicht mehr übersetzt, das ist vom Deutschen her geschrieben, aber das Ziel beim Übersetzen ist ja oft keine Äquivalenz der Bedeutung, sondern eine Analogie des Verfahrens. Stefanie erzählt, den Witz hätte ihr Partner Rüdiger beigesteuert. Offenbar arbeiten die beiden nicht nur auf den Surfbrettern eng zusammen.
Ich möchte die von der Jury genannten Namen um einen Autor ergänzen. Bisher ging es um Prosa, bei der Stefanie alle Register ziehen und rhetorisch auf die Überholspur wechseln konnte. In den 2013 erschienenen Liebesgeschichten Ich bin Henker des indoamerikanischen Autors Rajesh Parameswaran stand sie vor einer anderen Herausforderung. Da klagt ein Henker sein Liebesleid, radebrecht Englisch aber nur, verfehlt immer wieder die richtigen idiomatischen Wendungen, und es sorgt für einige Komik, wenn jemand „still wie Mucksmaus“ ist, wenn etwas abgetan wird mit der Bemerkung „Aber Pusteblume“ oder wenn von der ‘Neugier einer unbeschelteten Frau’ die Rede ist. Falsch übersetzen können wir alle, aber etwas Falsches richtig falsch zu übersetzen, ein so „tadellos gebrochenes Deutsch“, wie es der Kritiker der taz Stefanie damals bescheinigte, das ist eben echte Kunst.
Stefanie setzt in ihren Übersetzungen eine Einsicht um, die sie ihrem Ben Marcus gleich ins Buch reingeschrieben hat: „Die üblichen Wörter waren einfach nicht ideal. Sie funktionierten nicht richtig.“ Also erfindet sie neue oder stellt die alten auf welterweiternde Weise neu zusammen. Immer wieder bringt sie ihre eigene Ästhetik des Übersetzens auf den Punkt. Auch in ihrer Hand ‘blinken die Worte auf wie die Herzstromkurve eines Wiederbelebten’, wie sie in Hallidays Asymmetrie schreibt. Für dieses Blinken der Worte, für Deine literarischen Leuchtfeuer danke ich Dir, liebe Stefanie, und ich bin froh und glücklich, dass Du heute mit dem Rowohlt-Preis ausgezeichnet wirst. Ich gratuliere Dir von ganzem Herzen, und ich danke Dir für alles, was ich von Dir lernen durfte.
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Lieber Ulrich,
liebe Jury des Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preises,
meine sehr verehrten Damen und Herren.
Als Mitte März das Telefon klingelte und Karsten dran war, ahnte ich nicht, dass sich gleich eins meiner Lieblingszitate von Bob Dylan bewahrheiten würde: „You always got to be prepared, but you never know for what.“ Als Karsten die Katze aus dem Sack ließ, stieß ich erstmal einen schrillen Schrei aus, denn ich war und bin ja grundsätzlich auf so einiges vorbereitet – aber damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
Ich sollte den Ledig-Rowohlt-Preis bekommen, der Kolleg*innen wie Matthias Jendis, Marcus Ingendaay, Brigitte Jakobeit, Ulrich Blumenbach oder Tanja Handels verliehen wurde, um nur einige wenige zu nennen, deren Arbeit ich zutiefst bewundere, vor denen ich Hochachtung habe? Wow!
Wow deshalb, weil Bob Dylan einfach so Recht hat, wenn er direkt danach singt, „There ain’t no limit to the amount of trouble words can bring.“ I feel you, möchte ich ihm dann zurufen, zumindest in Arbeitsphasen, in denen mir das Original wie ein elegant dahingaloppierendes Pferd und meine bisherige Version wie ein lahmender Besenstiel mit Pappkopf und Bindfadenmähne vorkommt.
(Dylan singt den Satz übrigens ein klein wenig anders, aber man versteht ja oft, was gerade zur Lebenslage passt.)
Zum Glück ist mit den Jahren meine Zuversicht gewachsen, dass ich von vielen Arten von Texten eine deutsche Fassung schreiben kann, die einigermaßen selbstbewusst neben dem Original stehen darf, dennoch fordert mich jedes Buch aufs Neue heraus, muss ich jedes Mal wieder eine Stimme finden, die sich der meiner Autorin anverwandelt und ihr gerecht wird. Davor habe ich großen Respekt, und das wird und muss auch so bleiben.
Ich danke also von ganzem Herzen der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt Stiftung und der Jury für diese Ehre und eine Wertschätzung, die sich im konkreten Sinne auszahlt.
Außerdem danke ich dir, Ulrich, für deinen Rat und deine Unterstützung, deine Freundschaft und natürlich für diese wunderbare Laudatio!
Ich danke allen Lektor*innen, die mir gute und anspruchsvolle Literatur anvertraut haben, und ganz besonders dir, Karsten, denn du hast mir damals, als du mir Lauren Groffs Roman „Licht und Zorn“ angeboten hast, einen guten Vertrauensvorschuss gewährt. Um zu zeigen, was in einem steckt, muss man erst einmal die Chance dazu bekommen, und dieses Glück haben längst nicht alle Kolleginnen und Kollegen.
Apropos: Ich arbeite auch deshalb so gern in diesem Beruf, weil ich hier so viele kluge und nette Menschen um mich herum habe – wenn schon nicht am Schreibtisch, dann im virtuellen Raum, in Wolfenbüttel oder hier auf der Buchmesse. Ich danke also von Herzen auch allen lieben und hilfreichen Kolleg*innen, die stets bereit sind, an kniffligen Stellen mit nachzudenken, sich mitzufreuen oder bei Bedarf auch mit zu ärgern.
Ich danke nochmals meinen Lektor*innen, Julia Graf, Lena Däuker, Katharina Dittes, Mona Lang, einmal mehr dir, Karsten, und vielen anderen, die meine Texte akribisch, kritisch und zugleich wohlwollend auf Herz und Nieren prüfen, die letzten Fehler aufspüren, bevor es jemand anders tut, und mir manchmal auch die zündende Idee liefern, auf die ich einfach nicht gekommen bin.
Ich danke der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem Studiengang Literaturübersetzen für die solide Basis und wertvolle erste Kontakte in die Branche.
Ich danke dem Deutschen Übersetzerfonds, der es mir mehrfach durch Stipendien ermöglicht hat, länger und intensiver an Projekten zu arbeiten, ohne dabei knietief im Dispo zu stehen.
Ich danke meinen Eltern, meinem Sohn Victor, der mich davor bewahrt, den ganzen Erwachsenenkram allzu ernst zu nehmen, meiner Familie, meinen Freund*innen und allen, die ich bisher vielleicht vergessen habe.
Und ich danke dir, Rüdiger, für deine Unterstützung, deine Geduld und dafür, dass wir das Leben bei Wind wie bei Flaute miteinander teilen. (Manchmal auch bei Sturm, entweder dem im Wasserglas oder dem, bei dem man sich freudig die Hände reibt und das kleinste Segel aufriggt …)
Zum Schluss möchte ich nicht Bob Dylan zitieren, sondern unsere Windsurfbekannte Helga. Sie geht mit über achtzig Jahren immer noch gern aufs Wasser, hat so ungefähr die strahlendsten Augen, die ich je gesehen habe, und antwortete, als sie kurzzeitig zum YouTube-Star wurde, auf die Frage nach ihrem Lebensmotto: „Dankbarkeit und Demut“.
Ich empfinde große Dankbarkeit, nicht nur allen gerade Genannten gegenüber, sondern ganz allgemein dafür, frei und in Frieden leben zu dürfen. Ich bin dankbar für diese Feier hier in diesem festlichen Rahmen und dafür, dass ich sprechen darf und Gehör finde. Das ist nicht selbstverständlich, und meine Gedanken sind bei aller Freude heute Abend auch bei den unzähligen Menschen, für die all das nur ein ferner Traum ist. Ich habe die Hoffnung nicht verloren, dass Literatur helfen kann, Verständnis zu schaffen – für andere und für das andere – , dass sie uns bei aller Andersartigkeit auch das Verbindende erkennen lässt. Und ich weiß sicher, dass Literatur Trost spenden kann. Wenn ich ein wenig dazu beitragen kann, will ich es weiterhin gern tun.
Vielen Dank.